Von Auerhähnen, Wölfen und Fischottern

 

Text: Mirko Boysen

Foto: Benedikt Seidl

 

Tierpfleger Michael Hupf erzählt uns vom Alltag im Tierpark Lohberg und den Eigenarten seiner tierischen Bewohner.

Michael Hupf ist Tierpfleger im Tierpark Lohberg. Mit ihm sprechen wir über die Beziehung von Mensch und Tier, den gemeinen Schwan und das Image des Wolfs.

 

 

 

Hi Michael. Erzähl uns doch mal, was du im Tierpark machst?

Ich bin seit 12 Jahren Tierpfleger.

 

Und wie genau wird man denn Tierpfleger?

Das ist eigentlich ein lustige Geschichte. Ich war zuerst Brauer und Mälzer, wurde dann nachdem der Juniorchef die Brauerei übernommen hat ausgestellt. Dann hatte ich mir damals auch gerade das Kreuzband gerissen. Und als ich im Krankenhaus lag und operiert worden bin habe ich in der Zeitung eben eine Ausschreibung gelesen. Daraufhin habe ich mich dann beworben und eine Ausbildung gemacht, also zwei Jahre umgeschult.

 

Und gab es bei dir trotzdem auch vorher schon ein Interesse an Tieren?

Ja schon. Wir haben selber auch Tiere daheim, Schafe und Hühner.

 

Wie sieht denn ein normaler Arbeitstag eines Tierpflegers denn in der Regel aus?

So um 7 Uhr morgens fangen wir an. Wir richten das ganze Futter her für die ganzen Tiere. Ich in meinem Revier, wir haben zwei Reviere. Wenn das alles soweit hergerichtet ist, dann machen wir die Fütterungsrunde. Da werden die Tiere gefüttert und nebenher gleich die Gehege saubergemacht. Und wenn wir das soweit fertig haben, wir eben gemacht, was so ansteht: Gehege neu einrichten oder renovieren, Gehege neu bauen und solche Arbeiten.

 

Ihr habt bei euch im Tierpark eher regionale Tiere, richtig?

Wir haben nur einheimische Tiere, die im Bayerischen Wald leben oder mal hier gelebt haben. Elch, Wolf, Luchs, Wiesel, Rentier, verschiedene Eulen, Greifvögel.

 

Gibt es denn im Tierpark Tiere, zu denen zu eine besondere Beziehung hast?

Ein Tier, das mich persönlich sehr fasziniert, ist der Elch. Das ist einfach ein stattliches, schönes Tier.

 

Der Elch war also auch mal hier im Bayerischen Wald ansäßig?

Ja, das ist sicher 50 - 60 Jahre her. Aber inzwischen gibt es immer mal wieder Überläufer aus Tschechien, aus Böhmen. Ich glaube vor 5 oder 6 Jahren hat man in Fürth einen angefahren.

Als Tierpfleger gibt es doch bestimmt viele besondere Momente, die man mit den Tieren erlebt.

Ja sicherlich. Zum Beispiel beim Elch, da haben wir vor zwei Jahren eine neue Kuh bekommen. Und die ist direkt im ersten Jahr trächtig geworden. Da war ich dann dabei, als die Zwillinge auf die Welt gebracht hat. Und das sind dann schon so Momente, mit denen man nicht unbedingt rechnet. Weil das eigentlich nicht so üblich ist, dass man zwei Tiere zusammenbringt und das dann gleich auf das erste mal funktioniert.

 

Wie wichtig ist es denn aus deiner Sicht, Tiere die einmal hier gelebt haben, früher auch in freier Wildnis, weiterhin zumindest im Tierpark präsent zu haben und deren Überleben als Spezies wenigstens in einem solchen Kontext zu sichern?

Wir haben verschiedene Zuchtprogramme. Bei den Fischottern gibt es Zuchtprogramme, weil die vom Aussterben bedroht sind. Luchse haben wir auch, da haben wir zuletzt ein Jungtier nach Polen gebracht, zur Auswilderung. Für die Wiesel gibt es auch ein Auswilderungsprojekt. Das ist schon dazu gedacht, dass der Bestand auch langfristig gesichert wird.

 

Und bei solchen Auswilderungen bist du auch selbst mit dabei?

Also wenn sowas ist, dass Tiere zum Beispiel zur Auswilderung nach Polen gebracht werden, also in ihre Kisten kommen und vorbereitet werden, bei der Narkose und sowas, da bin ich dann schon dabei. Dann werden die aber abgeholt.

 

Das ist ja sicherlich auch eine besondere Situation.

Irgendeine Art von Beziehung baust du ja auf zu dem Tier. Und das sieht man dann schon mit einem lachenden und einem weinenden Auge, ob man sie jetzt in einem anderen Rahmen weitergibt, in die Freiheit ist natürlich immer am Besten, aber auch wenn sie mal in einen anderen Zoo kommen, weil der Bestand zu viel wird.

 

Wie kommen denn die Tiere zu euch, außer über die Zucht?

Das läuft normalerweise über andere Parks. Wenn wir etwas brauchen, dann gibt es da Listen, auf denen die Tierparks Tiere ausschreiben. Und wenn du etwas brauchst, hast du da die Kontakte. Und dann wird zwischen den Tierparks normalerweise getauscht.

 

Wie verlief denn die Pandemiezeit für euch als Tierpark?

Wir haben die Pandemie an sich gut überstanden. Wir haben die Zeit die zu war, dann als offen war eigentlich gut wieder reingeholt. Dadurch, dass Leute dann wieder viel raus wollten. Wir hatten auch noch nie so viele Tierpatenschaften und Spenden allgemein. Das war schon toll.

 

Welches Tiere steht für dich denn quasi stellvertretend für die Region?

Stellvertretend für die Gegend ist für uns eigentlich der Auerhahn, der ist so unser Markenzeichen. Der wurde damals ausgewildert, kurz nachdem der Tierpark gegründet wurde. Das hat unser erster Tierparkleiter in die Wege geleitet, dass der wieder ausgewildert wurde. Wild gabs den zwischenzeitlich nicht mehr.

 

Als Tierpfleger hast du natürlich auch einen ganz anderen Blick auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier und auch den Einfluss des Menschen auf die Tierwelt. Wie schätzt du diese ein und was müsste in dieser Richtung deiner Meinung nach getan werden?

Also der Einfluss des Menschen ist natürlich enorm. Im Idealfall sollte man die Natur natürlich Natur sein lassen und auch nicht an der falschen Stelle übertrieben schützen. Da überschneidet sich halt viel. Die Natur hat eigentlich ökologische Nischen und wenn die sich mit denen der Menschen überschneiden wird das natürlich schwierig. Da wird der Greifvogel geschützt, der Singvogel aber nicht. Aber eigentlich braucht der Greifvogel ja den Singvogel, zum Beispiel. Häufig werden eben nur die großen Tiere berücksichtigt, aber das schwächste Glied wird nicht geschützt. Ideal wäre an sich einfach ein Zwischending zu finden, sodass der gesamte Kreislauf wieder einigermaßen funktioniert.

 

Schwäne habt ihr ja auch im Tierpark. Da muss ich ja sagen, mit denen habe ich persönlich nicht so gute Erfahrungen gemacht - die mag ich eigentlich nicht besonders.

Ich auch nicht.

 

Kannst du mal erzählen, warum?

Weil die einfach böse sind. Die verteidigen ihr Revier sehr stark und greifen dann auch uns gerne mal an, wenn wir ins Gehege kommen. Wenn der gerade beim Nestbau ist und da kommt man rein, da musst du echt aufpassen, dass er dich nicht schlägt. Der haut einen so richtig. Oder wenn man saubermacht.

Und wie reagiert man da drauf?

Naja, da hast du dann halt was in der Hand und weißt dich zu wehren. Aber man weiß natürlich auch, wann es am Besten ist reinzugehen.

 

Mit welchem Tier hast du denn die innigste Beziehung?

Naja eigentlich mit allen. Ich bin nicht der Typ dafür, zu extreme Beziehungen aufzubauen. Zum Beispiel mit unseren Handaufzuchten. Ob das ein Vogel oder ein Waschbär ist, die hast du dann immer zwischen den Beinen, da musst man ständig aufpassen, dass man auf nichts tritt. Eine gewisse Distanz ist da schon wichtig. Aber man muss natürlich vor allem seine Tiere kennen. Denn die wissen direkt, wenn irgendetwas los ist im Park.

 

Welche Tiere bedürfen denn der intensivsten Pflege?

Die meiste Pflege bedarf eigentlich das Raufußwild, also zum Beispiel der Auerhahn, weil die einfach empfindlich sind. Die sind Nahrungspezialisten und man erkennt bei denen fast nicht, wenn sie mal irgendeine Krankheit haben. Die sehen komplett gesund aus und dann kann es passieren, dass sie tot im Gehege liegen. Und natürlich ist da die Jungenaufzucht auch ganz schwierig, dass man die durchbringt.

 

Wie ist denn der Wolf so?

Der Wolf ist eigentlich ein Depp. Weil der einfach sehr scheu ist. Da kannst du reingehen ins Gehege und musst dich wirklich blöd anstellen, dass der dich da irgendwie angreift oder so. Wenn der also Junge hat, kannst du die relativ einfach aus der Hölle holen, ohne dass der die besonders verteidigen würde.

 

Die Panik und Angst vor dem Wolf ist also eigentlich nicht so ganz berechtigt?

Nein, so extrem nicht, der hat schon ein sehr schlechtes Image. Wenn man jetzt ein Landwirt ist und der Wolf reißt dir dann ein paar von deinen Nutztieren, ist das natürlich etwas anderes. Das hängt dann aber eben auch einfach vom Gebiet ab. Wenn du ein Rudel von 10 Wölfen hast auf einem großen Gebiet, dann reißen die natürlich nicht so viel wie wenn man zwei oder drei Rudel auf einem kleinen Gebiet hat. Auch hier ist es also so, dass man, wenn man das ein bisschen reguliert, den Bestand im Rahmen hält, auch wieder ein Balance finden könnte, sodass das auch funktioniert.

 

Mit welchen Tieren kann man denn am besten kommunizieren, welche verstehen am meisten?

Eigentlich mit dem Wolf. Der versteht sehr viel. Ich bin normal nicht der Pfleger der Wölfe. Ich muss die aber häufig narkotisieren, weil ich dafür den Schein habe. Und das merken die natürlich. Das ist ein Rudel, ein Familienverband. Und wenn ich da auftauche, dann werden die nervös.  

 

Was ist das denn das unterhaltsamste Tier, dass ihr bei euch habt?

Der Fischotter! Der ist einfach putzig, schwimmt herum und spielt im Wasser, macht seine Saltos und hat seinen Spaß.