Fotos: Martina Dobrusky, Evi Lemberger
Text: Michael Gruber
Nicole Roth, geb. Hauer (34) hebte als eine der ersten Skispringerinnen im Bayerischen Wald über Rastbüchl ab. Ein guter Sprung hängt für Sie
nicht nur vom Wind ab, es ist auch viel Kopfsache.
Wie fühlt es sich an, wenn man als Skispringer vom Schanzentisch abhebt?
Das Gefühl, in der Anfahrt zu sitzen, und runter zu fahren, ist einfach super. Wenn du abspringst von der Kante, bist du schwerelos. Das dauert zwar nur ein paar Sekunden, weil du nicht lange in der Luft bist, aber desto größer die Schanze ist, umso mehr kannst du das tolle Gefühl genießen. Das Größte bei mir war die Schanze in Oberstdorf, wo die Vierschanzentournee stattfindet. Das ist schon wirklich schön, wenn du schwebst.
Was macht die Kunst des Skispringens aus?
Es geht los bei der Athletik, bei der Figur, man darf nicht zu schwer sein. Man muss ein paar Mal in der Woche trainieren ehe man auf die Schanze gehen kann. Du fängst ganz klein an, lernst die Technik. Wenn du stabil bist, arbeitest du dich von den Kleinen zu den Großen hoch. Bei den großen Schanzen schaust du auf den Absprung am Schanzentisch, sowie die Technik beim Flug. Wenn das sitzt, so wie bei den Weltcup-Athleten, dann ist es wichtig, den Kopf auszuschalten. Der spielt beim Skispringen eine ganz große Rolle, was man aber nicht sieht. Wenn man hochgeht und sagt, man muss es beim nächsten Sprung so oder so machen, dann setzt du dich unter Druck und in dem Augenblick, wo du runterfährst und dir das denkst, ist es schon zu spät.
Wie sieht die richtige Technik aus?
Es kommt viel auf die Anfahrtsposition an, die ist sehr ausschlaggebend. Eine gute Anfahrtspostition ist die Voraussetzung für einen guten Sprung. Im Flug kommt es drauf an, dass du mit dem Schwerpunkt schön über dem Ski bist, sonst wirst du vom Wind gebremst und kannst nicht so weit runterfliegen. Das hängt auch viel mit dem Athletik-Training abseits der Schanze zusammen. Skispringer müssen sehr beweglich sein, was mit den richtigen Dehnübungen erreicht wird.
Welche Rolle spielt Wind und Wetter?
Sehr viel, der Wind spielt eine ganz große Rolle. Wenn Du springst und es ist Rückenwind, dann ist es viel schwerer, dass du richtig über den Ski drüber kommst und weit runterkommst. Wenn Du einen Aufwind hast, ist das super, dann kannst du leichter richtig weit segeln. Im Winter kommt es außerdem noch drauf an, welche Spurverhältnisse gegeben sind. Wenn es eher mild ist, dann ist es schwierig, dass du die Geschwindigkeit erreichst wie mit einer Eisspur. Aber heutzutage gibt es bei vielen großen Schanzen schon eine Kühlung für die Anlaufspur. Bei kleineren Schanzen ist das aber nicht rentabel, dafür ist der Unterhalt zu hoch.
Beim Thema Skispringen denkt man sofort an Orte wie Garmisch-Partenkirchen oder Oberstdorf. Wieso gibt es eine Schanze in Breitenberg?
In Breitenberg hat es den Oggolter Walter gegeben. Er ist aus Böhmen hergezogen und war bereits im Wintersport tätig u.a. beim Skispringen.
Früher war zwischen Breitenberg und Ungarsteig eine kleine Naturschanze. Das war aber etwas ungünstig, da es ein Sonnenhang war. Im Zuge von der Flurbereinigung wurde dann in Rastbüchl eine Naturschanze gebaut, wo man über die Straße springen musste. Später ist dann die Baptist-Kitzlinger Mattenschanze gebaut worden. Diese wurde 1988/89 eingeweiht und ist nach dem damaligen Landrat benannt worden.
Was war Dein erstes Erlebnis mit dieser Schanze?
Mit sechs Jahren war ich da zum Zuschauen. Da sind wir beim Häuschen oben auf dem Balkon gestanden. Dann hat der Uhrmann Alois, ein Trainer, gesagt, ich soll das doch mal probieren. Ich war eine, die sich da nichts geschissen hat und dachte, dann probiere ich es einfach mal und bin dabeigeblieben. Mir hat das schon immer gefallen, es hat mich immer fasziniert. Ich war lange das einzige Mädel im Bayerischen Wald. Mit den Mädels war das früher noch nicht so wie heute, dass es eigene Wettkämpfe gab. Ich habe ja am Anfang immer mit den Jungs im Starterfeld mitspringen müssen und das war schon eine Herausforderung.
Was war das größte Problem?
Als Frau hast du nicht die Sprungkraft wie Männer und hast dich durchbeißen müssen. Inzwischen gibt es extra Wettkämpfe für Damen. Die starten von der Anfahrtsluke her weiter oben wie Männer, haben ein bisschen mehr Anlauf und tun sich dann leichter. Früher gab es das nicht, da tat man sich als Frau schon schwerer.
Spielen Frauen im Skispringen also heute die gleiche Rolle wie Männer?
Es hat sich schon viel getan. Es gibt jetzt wie bei den Männern einen Weltcup für Damen, Weltmeisterschaften und ist mittlerweile auch schon olympisch. Das einzige, wo wir immer noch kämpfen, ist das Skifliegen, diese Disziplin gibt es für Frauen noch nicht. Mittlerweile ist es auch so, dass wir bei uns im Verein im Nachwuchsbereich einige Mädels haben. Leider gibt es immer noch zu wenige, die sich das trauen.
An welches Erlebnis in der Laufbahn erinnerst Du dich am liebsten?
Das schönste war die Teilnahme an der Qualifikation zum Weltcup in Oberstdorf. Du sitzt da oben und es macht Riesenspaß, weil auch einige Zuschauer da sind. Das ist auch von der Stimmung was ganz anderes. Zuschauer sind bei Damen sonst eher spärlich vertreten. Einmal war ich auch in Finnland mit dabei beim internationalen Springen in Lahti, das war auch sehr schön. Mein bestes Ergebnis war bei der deutschen Meisterschaft, bei der ich den sechsten Platz belegt habe. International habe ich auch mitgemacht und war zwischen Platz zehn und 25. Bei meinem weitesten Sprung habe ich 118 Meter geschafft.
Hat man da keine Angst vor Unfällen?
Es kann schon was passieren, aber da denkst du nicht dran. Für die Zahl der Sprünge, die wir jedes Jahr absolvieren, passiert eigentlich relativ wenig. Einmal bin ich im Sommer in Rastbüchl gestürzt, da bin ich relativ weit oben gelandet und auf den Matten runtergerutscht. Ich konnte mich nicht umdrehen und somit habe ich mir am Oberschenkel auf der Haut Verbrennungen zugezogen. Sonst habe mir in meiner Laufbahn nie starke Verletzungen zugezogen, da ist Fußball bei den Verletzungen viel schlimmer.
Als frischgebackene Mama bist du grade nicht mehr aktiv auf der Schanze. Was hast Du noch für Pläne für die Zukunft?
Ich möchte hobbymäßig noch ein bisschen Springen. Jedes Mal, wenn ich an der Schanze bin, möchte ich am liebsten selber runter springen. Das Gefühl vom Fliegen, das hast du sonst nirgends, das würde ich schon gerne nochmal genießen. Ansonsten bin ich in der Jugendarbeit aktiv, was auch wahnsinnig Spaß macht. Wenn man sieht, wie der Nachwuchs Fortschritte macht, hat man eine tolle Jugendarbeit geleistet.
Ein neues Jahr, eine zweite Auflage und vor allem viele neue Lesungen. Start ist am 1.4. in Sankt Englmar im wunderschönen Prellerhaus: Gespräch und Lesung mit einigen Autoren und Kristina Pöschl vom Verlag. Eintritt ist frei. Es wird gelesen, geratscht und hoffentlich ein bisschen gefeiert. Ein besonderes Schmankerl- Tobias Probst an der Harfe und Zither.
Release Party des Buches "15 Gipfel" am 27.5.2022 um 19 Uhr in der Roten Res.